Projekt
So wird die gemeinsame ARA geplant
Vom Vorprojekt über den politischen Prozess bis zum Bauprojekt
Im Herbst 2018 haben die Gemeinden Jonschwil, Uzwil und Zuzwil sowie die Stadt Wil die Karten auf den Tisch gelegt: Am Standort der heutigen ARA Niederuzwil soll eine gemeinsame, regionale ARA mit einer zusätzlichen Stufe zur Beseitigung von Mikroverunreinigungen geplant werden. In einem ersten Schritt wurden die Planerleistungen für die ARA und die Zulaufsysteme ausgeschrieben. Zwischen Sommer 2019 und Ende 2021 haben die ausgewählten Firmen ein Vorprojekt ausgearbeitet. Es stellte die Grundlage für eine fundierte Kostenschätzung des Gesamtprojekts dar und war ein zentrales Element für den politischen Prozess. Die Stimmbevölkerung aller beteiligten Gemeinden hat 2022 deutlich «Ja» zur gemeinsamen ARA gesagt. Dies machte den Weg frei für die Gründung des Zweckverbands ARA Thurau. Nun wird das Bauprojekt erarbeitet. Bis Ende 2025 soll das Baubewilligungsverfahren abgeschlossen sein.
Meilensteine der ARA Thurau
Dreigliedrige Anlage
Die biologische Reinigungsstufe mit sechs Becken prägt das Erscheinungsbild der Gesamtanlage gegen die vorbeiführende Autobahn A1. Eine dahinter liegende, zweite Gebäudezeile umfasst die mechanischen Reinigungsstufen, die Betriebs- und Maschinenräume sowie die Stufe zur Beseitigung der Mikroverunreinigungen. Die Schlammbehandlung mit den Faultürmen ist – als drittes Element – an eine leichte Geländestufe angelehnt.
Kompakt, erweiterbar, eingehaust
Das Architekturkonzept hat die Planungsgemeinschaft insbesondere durch die kompakte Nutzung des Areals und die damit verbundene Erweiterbarkeit überzeugt. Ein besonderes Plus: Sämtliche Anlagenteile, welche Geruchsimmissionen verursachen können, sind eingehaust, verfügen über Abluftfilter und liegen teilweise unterirdisch. Damit wird das Versprechen, dass die neue Anlage in Niederuzwil geringere Geruchsimmissionen verursachen wird als die heutige, deutlich kleinere Anlage, eingelöst.
Neun Kilometer neue Transportleitungen
Um die Frage zu klären, wie die Abwässer aus Wil, Jonschwil und Zuzwil nach Niederuzwil geleitet werden sollen, haben Fachexperten sowie Vertreter der Gemeinden und des Kantons St. Gallen verschiedene Varianten nach ökologischen, geografischen und wirtschaftlichen Kriterien bewertet und eine «Bestvariante» festgelegt. Sie sieht vor, die Abwässer von der ARA Wil über die Thur zur ARA Jonschwil zu führen, auf die Höhe von Niederstetten zu pumpen und anschliessend in einer sogenannten Freispiegelleitung unter Ausnutzung des natürlichen Gefälles bis nach Niederuzwil fliessen zu lassen.
Route mit zahlreichen Pluspunkten
Die vorgeschlagene Zuleitungsvariante umgeht sämtliche Gewässerschutzzonen mit deutlichem Abstand und trägt damit dem Schutz des Grundwassers grösstmögliche Rechnung. Sie orientiert sich wo immer möglich an bestehenden Strassen- und Brückeninfrastrukturen. Damit minimiert sie den Verbrauch von Kulturland und die Beeinträchtigung von Privatgrundstücken. Mit dieser Variante wird zudem bewusst auf kostenintensive, mit Risiken behaftete Bauverfahren verzichtet: Die Leitungen können zum grossen Teil im offenen Grabenverfahren verlegt werden. Aufgrund der Bündelung der Route mit Strasseninfrastrukturen ist in der Bauphase mit temporären Einschränkungen für Anwohnende und Verkehr zu rechnen.
Die Transportleitung nach Niederuzwil kann zum grossen Teil im offenen Grabenverfahren gebaut werden. Quelle: TBF + Partner AG
Beispiel eines Pumpwerks, wie es bei den ARA Jonschwil und Zuzwil geplant ist. Quelle: TBF + Partner AG
Biologische Reinigung: Innovativ, bewährt, effizient
Herzstück jeder ARA ist die biologische Reinigungsstufe. Hier werden die organischen Stoffe mittels Mikroorganismen abgebaut. Dazu steht heute eine Vielzahl von Verfahren zur Verfügung. Ein detaillierter Vergleich von Erweiterbarkeit, Platzbedarf, Betriebsaufwand und Reinigungsleistung hat gezeigt, dass sich für die ARA Thurau das innovative und zugleich etablierte Sequencing Batch Reactor (SBR)-Verfahren am besten eignet. Es überzeugt insbesondere durch vergleichsweise tiefe Betriebskosten und einen niedrigen Platz- und Energieverbrauch. Beim SBR-Verfahren finden alle biologischen Reinigungsprozesse in einem sogenannten Bioreaktor statt. Die einzelnen Reinigungsschritte werden nicht wie bei anderen Verfahren räumlich in verschiedenen Becken getrennt, sondern laufen – wie bei einer Waschmaschine – im selben Becken, dafür zeitlich gestaffelt ab.
Maximale Verbesserung der Wasserqualität
Wie bei der biologischen Reinigung haben verschiedene Fachexperten auch bei der Stufe zur Beseitigung von Mikroverunreinigungen die verschiedenen zur Verfügung stehenden technischen Verfahren bzw. Kombinationen davon geprüft und bewertet. Dabei hat sich gezeigt, dass sich für die ARA Thurau das Verfahren einer Ozonung mit einer nachgeschalteten Filtration mittels granulierter Aktivkohle (GAK) am besten eignet. Dieses Verfahren besticht insbesondere durch seine hervorragende Reinigungsleistung. Es trägt damit dem Kernziel der ARA Thurau – der maximalen Entlastung der Thur und der umliegenden Grundwasserfassungen von Mikroverunreinigungen – am besten Rechnung.
Mit welchen Abwassermengen wird gerechnet?
Gemäss aktueller Planung wird die ARA Thurau ca. 2028 ihren Betrieb aufnehmen. Gewisse Teile einer ARA müssen nach rund 25 Jahren saniert werden. Um allfällige Erweiterungen frühestens zum Zeitpunkt einer ersten Sanierung vorzunehmen, wurde als Referenz für die Dimensionierung der ARA Thurau das Jahr 2050 festgelegt. Wie viele Einwohnerinnen und Einwohner werden zu diesem Zeitpunkt angeschlossen sein? Wie hoch wird der Abwasseranteil von Industrie und Gewerbe sein? Um dies zu berechnen, haben die Planer aktuelle Daten der ARA mit den Wachstumsprognosen der Gemeinden für Wohn-, Kern- und Mischzonen verknüpft und einen Sicherheitspuffer von 10% dazugerechnet. Resultat: Die ARA Thurau soll auf 110'000 Einwohnerwerte dimensioniert werden. Sie wird damit rund 15% mehr Abwasser verarbeiten als die vier heutigen ARA zusammen.
Der Zusammenschluss ist auch wirtschaftlich attraktiv
Um abzuklären, ob sich der Zusammenschluss der ARA auch wirtschaftlich lohnt, haben die beteiligten Gemeinden mittels Studien die Kosten von Alleingängen errechnen lassen und diese den Kosten der ARA Thurau gegenübergestellt. Resultat: Die Investitionskosten für die regionale Gesamtlösung belaufen sich ohne Landerwerb in Niederuzwil und nach Abzug der Subventionen für die vierte Reinigungsstufe auf rund 120 Mio. Franken. Müssten die vier ARA der Region separat erneuert werden, müssten insgesamt über 123 Mio. Franken investiert werden. Die kumulierten Jahreskosten für Betrieb, Erneuerungen, Abschreibungen und Kapitalkosten sind über den Beobachtungszeitraum von 20 Jahren beim Zusammenschluss insgesamt sogar rund 28,5 Mio. Franken tiefer als bei vier Kläranlagen in der Region.
Zweckverband löst Planungsgemeinschaft ab
Für die Planung der ARA hatten sich die Gemeinden Jonschwil, Uzwil und Zuzwil, die Stadt Wil sowie der Abwasserverband Niederuzwil zur «Planungsgemeinschaft ARA Region Wil-Uzwil» zusammengeschlossen. Die Planungsgemeinschaft wird nun vom neuen und formell gegründeten Abwasserverband Thurau abgelöst. Um rasch handlungsfähig zu sein, wird dieser in zwei Stufen aufgebaut. In einer ersten Stufe gründeten die Kerngemeinden Jonschwil, Oberuzwil, Uzwil, Wil, Zuzwil einen St. Gallischen Zweckverband. Dieser erste Schritt ist am 19. Juni 2023 erfolgt. Später können alle alle Gemeinden, die ihre Abwässer heute in die ARA dieser Kerngemeinden einspeisen (Kirchberg, Niederhelfenschwil, Rickenbach, Sirnach, Wilen, Wuppenau) dem Abwasserverband Thurau beitreten oder eine Anschlussvereinbarung abschliessen. Das Verbandsgebiet umfasst die politischen Grenzen der Mitgliedsgemeinden.